1020.18 (ex E94 001) zu Gast in Vorarlberg

In diesem Sommer ist die ehemalige ÖBB-Lok 1020.18 (die ehemalige E94 001) der Lienzer Eisenbahnfreunde zu Gast in Vorarlberg. Dort wird dieses Jahr das 150-jährige Jubiläum der Eisenbahnstrecke Lindau – Bregenz – Bludenz incl. der Verbindungen nach Buchs und St. Margarethen gefeiert.

Lange musste das heutige Bundesland Vorarlberg damals auf die erste Eisenbahnverbindung warten, nachdem Lindau bereits 1854 an das wachsende Eisenbahnnetz in Bayern angeschlossen wurde, durch die Ludwigs-Süd-Nord-Bahn von Lindau nach Hof. Ohne eine Bahnverbindung über den Arlberg nach Tirol machte aber eine Eisenbahn in Vorarlberg lange keinen rechten Sinn bzw. wurde im damaligen k. u. k. Reich nicht bewilligt. Erst 1869 kam die Genehmigung aus Wien für den Bau einer Bahnstrecke von der Grenze bei Lindau bis nach Bludenz, einschließlich der Verbindungen von Lauterach nach St. Margarethen und von Feldkirch nach Buchs.

Der Bahnbau wurde im Jahre 1870 aufgenommen und bereits 2 Jahre später war die weitgehend im Flachland verlaufende, 67 km lange Strecke von Lindau bis Bludenz fertiggestellt und dem Verkehr übergeben. Erst zwölf Jahre später, im Jahre 1884, war es möglich, die Strecke in Vorarlberg durch den Bau des Arlbergtunnels und der beiden Rampenstrecken von Bludenz nach Langen am Arlberg und von Landeck nach St. Anton an das damals schon sehr weit gediehene und weitläufige Streckennetz des Habsburger Reichs anzuschließen.

Zu dem diesjährigen runden Jubiläum der Vorarlbergstrecke finden deshalb an ausgewählten Wochenenden auch Sonderfahrten mit der historischen 1020.18 und vier dazu passenden Schlierenwagen im sog. „Jaffa-Look“ statt. Überwiegend wird auf dem Abschnitt von Bregenz nach Bludenz gefahren, fallweise auch weiter auf die Arlbergstrecke.

Die Reihe 1020 bzw. die Baureihe E94 war in Vorarlberg mehr als fünf Jahrzehnte zu Hause, von den ersten Probefahrten der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1940 bis zur Ausmusterung der letzten Vertreter im Jahre 1994/95. Bei der 1020.18 handelt es sich sogar um die erstgebaute Lok ihrer Gattung, der ehemaligen E 94 001, gebaut bei der AEG in Berlin, die damals im Jahre 1940 fabrikneu dem Bw Innsbruck zugeteilt wurde. Weitere Maschinen folgten in den Kriegsjahren für den Güterverkehr auf den bereits elektrifizierten Gebirgsstrecken Richtung Brenner und über den Arlberg. Das damalige Bw Bludenz erhielt dazu im Sommer 1943 ab Werk die Loks E94 096-105 zugeteilt. Nach dem Krieg verblieben 44 E94 in Österreich und wurden dort im Jahre 1953 zur ÖBB-Reihe 1020 umgezeichnet. Die von Siemens/Krauss-Maffei gebauten Loks wurden (mit einer Ausnahme) beginnend mit 1020.01 bis zur Nummer 1020.17 eingereiht, die AEG-Loks als 1020.18 bis 1020.43. Nur die 1020.44 war wiederum eine Siemens/Krauss-Maffei-Lok.

Die 1020.18 war in den letzten zwei Einsatzjahrzehnten bis 1995 in Villach stationiert und dort vor allem auf der Tauernbahn und im Grenzverkehr nach Jesenice (Jugoslawien bzw. Slowenien) und nach Tarvisio (Italien) im Einsatz. Seit über 25 Jahren ist die Lok nun in Lienz (Osttirol) beheimatet und wird dort von den Lienzer Eisenbahnfreunden, dem Förderverein 1020.18  und der Interessengemeinschaft Tauernbahn betreut und gepflegt. Seit kurzem hat sie auch wieder die alte Beschilderung als 1020.18 (statt 1020 018-6) zurück erhalten, so wie sie bis 1985 bei der ÖBB im Einsatz war.

Die nachfolgenden Bilder sollen zeigen, wie diese tolle Museumslok mit dazu passender Wagengarnitur Mitte August bei bestem Sommerwetter in Vorarlberg unterwegs war, und welche Lokomotivschätze aus längst vergangener Zeit in Vorarlberg sonst noch zu Hause sind……..

Am Morgen des 13.August 2022 startete die 1020.18 mit ihrer farblich passenden Zuggarnitur aus vier Schlierenwagen im “Jaffa-Look” in Bregenz und durchfährt hier den Bahnhof Wolfurt auf dem Weg nach Bludenz.
Nach einer Überholung des Museumszuges durch einen Railjet der ÖBB in Hohenems geht die Fahrt weiter, hier bei der Durchfahrt des Bahnhofs Klaus in Vorarlberg.
Die Sonderfahrt führte am 12.August von Bludenz weiter die Arlbergrampe hinauf bis nach Langen am Arlberg. Hier kommt der Sonderzug aus dem steilsten Streckenabschnitt der Arlbergbahn mit bis zu 34 Promille und durchfährt den nur auf ca 300 Metern Länge in der Ebene liegenden Bahnhof Wald am Arlberg.
Der Sonderzug hat seinen Zielbahnhof Langen am Arlberg auf 1217 m Seehöhe erreicht.
Die Fahrtteilnehmer wurden mit Bussen weiterbefördert zur Besichtigung des Kraftwerks Spullersee und des Klostertalmuseums im Ort Wald am Arlberg.
Als Leerpersonenzug (Lp) fuhr der Sonderzug nach rund 20 min Aufenthalt weiter bis nach Landeck in Tirol, hier bei der Ausfahrt aus Langen unmittelbar vor der Einfahrt in den heute 10648 m langen Arlbergtunnel, in dem sich auch der Scheitelpunkt der Strecke auf 1311 m über N.N. befindet.
Am Nachmittag kam der Sonderzug wieder als Lp zurück aus Landeck, hier bei der Ausfahrt aus dem Arlbergtunnel in Langen. Die Stirnlampen der Lok waren schon 6 Minuten vorher im Tunnel zu sehen. Der Durchstich des Tunnels erfolgte am 19.11.1883 nach dreieinhalb Jahren Bauzeit. Über dem Tunnelportal prangt in römischen Ziffern das Eröffnungsjahr des Tunnels : MDCCCLXXXIV.
Die Eröffnungsfahrt mit dem österreichischen Kaiser Franz Josef I. fand am 20.09.1884 statt.

Nach dem Zustieg der Fahrtteilnehmer in Langen am Arlberg ging es wegen Zugfolge auf der eingleisigen Arlberg-Ostrampe mit etwa 15 min Verspätung talwärts Richtung Bludenz, hier bei der Durchfahrt im Bahnhof Dalaas.

Nach Erreichen des Endbahnhofs Bregenz wurde die Garnitur als Lp zurück nach Wolfurt überführt, um in der dortigen Lok- und Wagenhalle (sogenannte “Remise”) des Verschiebebahnhofs für den nächsten Tag hinterstellt zu werden. Hier aufgenommen beim “Verschieben” der Garnitur in die “Remise”, rechts eine wartende Lok der Reihe 1144.
In dieser “Remise” befinden sich aber noch weitere Lokomotivschätze, die einen guten Querschnitt der in Vorarlberg über Jahrzehnte in Dienst gestandenen ÖBB-Elloks repräsentieren : die 1020 042, die seit der Ablieferung 1943 in Vorarlberg zu Hause ist, die 1670.104, die einzige erhaltende Lok der Unterserie 1670.1, sowie die 1180.09. Sicherlich werden diese Museumsstücke beim Bahnhofsfest am 03.09.2022 in Bludenz der Öffentlichkeit präsentiert.

Die 1670.104 aus dem Jahre 1932 ist eine Vertreterin der klassischen Schnellzug-Ellok für die damals schon elektrifizierten Bahnstrecken in Österreich und war Jahrzehnte lang in Bludenz stationiert. Sie war in ihren letzten Einsatzjahren auch die einzige 1670.1, die eine blutorangene Lackierung trug, zusammen mit den markanten Fensterschirmen an der Stirnfront, die nur die 1670.1 besaßen. Erst im Vorfeld der Feierlichkeiten “150 Jahre Eisenbahn in Österreich” im Jahre 1987 wurde sie weitgehend in den Originalzustand bei Anlieferung zurück versetzt.

Die fünffach gekuppelte Stangen-Ellok mit lediglich drei Fahrmotoren entstammt der kleinen Serie der Reihe 1180 (vormals 1080.1), die bis Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts für den Güterzug-dienst auf der Arlbergstrecke beschafft wurden. Später wanderten die Loks in den Verschubdienst ab, kamen aber auch weiterhin bei Übergabezügen und als Vorspannloks am Arlberg zum Einsatz. Die letzten Maschinen waren bis 1993 bei der ÖBB im Einsatz, auch im Verschiebebahnhof in Wolfurt. Die 1180.09 ist als einzige Vertreterin dieser Loktype der Nachwelt erhalten geblieben.
Am folgenden Tag, den 14.08.2022, war die 1020.18 mit ihrem Sonderzug zwischen Bregenz und Bludenz erneut im Einsatz, hier aufgenommen kurz vor Erreichen von Bludenz.
Auch an diesem 14.08.2022 wurde als Leerpersonenzug anschließend von Bludenz
weitergefahren bis nach Wald am Arlberg, hier aufgenommen bei der Einfahrt in den
Bahnhof Dalaas. Im Hintergrund eines der bekannten Viadukte der Arlbergstrecke,
das 124 m lange Höllentobel-Viadukt.
Im Bahnhof Dalaas musste der Leerpersonenzug eine Zugkreuzung abwarten, ehe er nach Wald weiterfahren konnte.

Der Sonderzug fährt am Nachmittag des 14.08.2022 von Wald am Arlberg kommend in den Bahnhof Hintergasse ein. Der im Hintergrund sichtbare, nur 78 m lange Fünffinger-Tunnel wurde erst nach Betriebsaufnahme der Arlbergstrecke errichtet, weil mehrere Lawinen – und Murenabgänge sowie die Gefahr von Felsstürzen einen Verlegung der Trasse in einen schützenden Tunnel notwendig erscheinen ließen.

Im Bahnhof Braz musste der Leerpersonenzug abermals eine Zugkreuzung abwarten, weshalb dort ein abschließendes Bild von dem dreitägigen Ausflug nach Vorarlberg gelingen konnte. Vielleicht wäre es bei künftigen Veranstaltungen sinnvoller, die Sonderfahrten generell auch auf die Arlbergstrecke auszuweiten, anstatt die meisten Fahrten nur zwischen Bregenz und Bludenz durchzuführen.
Auf jeden Fall war es eine super Idee, eine betriebsfähige Lok der Reihe 1020 nach Vorarlberg zu holen, um dort Fahrten zum 150-jährigen Jubiläum der Strecke Bregenz – Bludenz durchzuführen, mit einzelnen Fahrtagen bis nach Langen am Arlberg, sozusagen bis zum östlichsten Bahnhof des Bundeslandes Vorarlberg.

3 Gedanken zu „1020.18 (ex E94 001) zu Gast in Vorarlberg“

  1. Wunderschön! Gerade die orange Farbgebung wirkt sehr frisch und lebendig. Danke Jürgen Prem für diese wunderbaren Bilder und den interessanten Beitrag!

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  2. Sehr schöner Bericht über die aktuellen Sonderfahrten in Vorarlberg. Weckt viele Erinnerungen an die Zeit mit 1080, 1670 und 1020 am Arlberg!

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  3. Schön gemacht, wenngleich eine orangene E 94 mit nur 2 Führerstandsfenstern und den komischen Stromabnehmern immer noch gewöhnungsbedürftig ist 🙂

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