Am 30. April 1988 veranstalteten die Nürnberger Eisenbahnfreunde ihre 165. Exkursion: Mit einem Dieseltriebzug der Baureihe 614 ging es zu im planmäßigen Personenverkehr nicht mehr befahrenen Zweigstrecken in Nordostbayern. Kurt Müller, der bewährte NEF-Reiseleiter und langjährige Vorsitzende des Vereins, hatte sich in jenen Jahren zum Ziel gesetzt, möglichst viele der vor der Gesamtstilllegung stehenden Strecken der BD Nürnberg mit einem Sonderzug zu bereisen mit dem Ergebnis, dass seine Fahrten auch von Eisenbahnfreunden („Streckenbongern“) aus dem ganzen Bundesgebiet gerne besucht wurden.
Gerd Jahreis und Günther Dillig waren damals mit der Kamera dabei und stellten uns ihre fotografischen Schätze für diesen Beitrag zur Verfügung. Ulrich Montfort überließ uns die damaligen Reiseunterlagen. Es war schon zur Tradition geworden, dass der unvergessene Richard Schatz mit Unterstützung durch Edith Hummel für nahezu jede NEF-Sonderfahrt eine ausführliche Beschreibung der befahrenen Strecken erstellte. Diese mit viel Akribie und Liebe erstellte Zusammenstellung möchten wir Euch als zeitgenössisches Dokument nicht vorenthalten und haben es in diesen Bericht mit aufgenommen. Dank auch an Otwin Krause, der nicht nur erfolgreich Korrektur gelesen hat, sondern auch die Kartenausschnitte aus Google Earth aufbereitet hat.
Die Fahrt begann am Samstag, den 30. April 1988 um 09:05 Uhr in Nürnberg Hbf.
Der vierteilige Triebzug bestand aus den Triebwagen 614 023 und 614 024 sowie den Mittelwagen 914 012 und 914 013.
Der ganze Zug war in den neuen, seit 1986 angewandten Produktfarben gehalten, die dem „Produkt“ RegionalBahn (RB) und RegionalSchnellBahn (RSB) die Farben Lichtgrau (RAL 7035) für den Wagenkasten und das Dach sowie Minttürkis (RAL 6033) mit einem Begleitstreifen in Pastelltürkis (RAL 6034) für das Fensterband zuordneten.
Den detaillierten Fahrtverlauf hatte Kurt Müller in den Reiseunterlagen für die Fahrtteilnehmer zusammengestellt:
Den Verlauf des ersten Teils der Studienfahrt beschrieb Richard Schatz:
Dank Google Earth können wir den Streckenverlauf von Schwarzenfeld nach Buchtal nachverfolgen:
Nach der Fahrt über die Anschlussbahn fand im Werk der Buchtal AG der erste, schon lange ersehnte Fotohalt statt. Günther Dillig dokumentierte die Fotografenschar am Triebwagen 614 023.
Gerd Jahreis nahm sich das andere Zugende mit dem Triebwagen 614 024 vor:
Auf der Rückfahrt über das Anschlussgleis zurück nach Schwarzenfeld ließ Kurt Müller auf halbem Weg zwischen Buchtal und Kögl einen Fotohalt einlegen. Unsere beiden Fotografen ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen:
Nach Ankunft in Schwarzenfeld ging es über die Hauptstrecke Regensburg – Hof weiter nach Nabburg. Richard Schatz führte hierzu aus:
Auch hier wieder ein Ausschnitt aus Google Earth, der den bogenreichen Verlauf der Strecke von Nabburg nach Lind (Oberpf) gut zeigt.
Bei Unterwarnbach hatte Kurt Müller eine schöne Stelle für den ersten Fotohalt auf der Strecke von Nabburg nach Lind (– Schönsee) ausgesucht. Die Fotografen haben sich artig in einer Reihe aufgestellt, dokumentiert von Günther Dillig.
Gerd Jahreis gelangen aus der ersten Reihe diese Bilder:
Die Brücke über die Schwarzach bei Willhof bildete die Kulisse für den nächsten Fotohalt.
Eine gewisse Sportlichkeit war bei Kurt Müllers Sonderfahrten unabdingbare Voraussetzung. Der barrierefreie Zugang war, ebenso wie die Warnweste im Gleisbereich, noch nicht erfunden. Schließlich haben alle Fotografen aber unbeschadet ihren Platz im Sonderzug wieder erreicht.
Der nächste Fotohalt ergab sich dann am damaligen Endpunkt der Strecke in Lind (Oberpf).
Während die Farbaufnahmen von Günther Dillig die zahlreichen fleißigen Fotografen dokumentieren, zeigt das Bild von Gerd Jahreis, dass der Sonderzug die Strecke bis zum letzten Zentimeter befahren hat.
Auf der Rückfahrt nach Nabburg gab es in Oberviechtach eine Mittagspause. Während der größte Teil der Fahrtteilnehmer sich im dortigen Pfarrsaal mit Schweinebraten (roter Bon) oder Schnitzel (gelber Bon) stärkten, nutzten Günther Dillig und Gerd Jahreis die Pause zum Fotografieren:
Das THW lud an diesem Samstagnachmittag gesammeltes Altpapier in einen durchaus sehenswerten geschlossenen Güterwagen der niederländischen Staatsbahnen. Aus heutiger Sicht fast undenkbar, im Jahre 1988 gab es den Einzelwagenladungsverkehr noch.
Gerd Jahreis beobachtete die Aktion an der Ladestraße von Oberviechtach auf Augenhöhe.
Günther Dillig wählte einen erhöhten Standpunkt.
Die eintägigen NEF-Sonderfahrten in den 1980er-Jahren waren nicht nur bei strenggläubigen Eisenbahnfreunden beliebt; Kurt Müllers Arrangements eigneten sich auch bestens für Familienausflüge, was gerne und zahlreich in Anspruch genommen wurde. Günther Dillig gelangen diese Schnappschüsse vom Familienleben im NEF-Sonderzug.
Klein Eva schien wohl in Oberviechtach nicht satt geworden zu sein und erfreut sich an einem Apfel, den sie aber niemand anderem anbot.
Auf der weiteren Rückfahrt nach Nabburg gab es bei Niedermurach am km 25,2 nochmal einen Fotohalt. Der Turm im Hintergrund gehört zur Burg Obermurach.
Gemächlich ging es dann zurück nach Nabburg, von wo aus es in schneller Fahrt weiter nach Reuth ging. Richard Schatz schrieb hierzu:
Verlauf der Strecke von Reuth nach Erbendorf Nord aus Google Earth
Hier die Bilder vom kurzen Aufenthalt in Erbendorf Nord:
Weiterging es nach Wunsiedel-Holenbrunn und dann weiter nach Leupoldsdorf.
Richard Schatz schrieb hierzu:
Verlauf der Strecke von Wunsiesdel-Holenbrunn nach Leupoldsdorf aus Google Earth
Gerd Jahreis nutzte den kurzen Aufenthalt zum Fahrtrichtungswechsel in Wunsiedel-Holenbrunn für diese Aufnahme:
Am Endpunkt in Leupoldsdorf war auch nur wenig Zeit, die Gerd Jahreis aber gut nutzte. Im Hintergrund ist der 939 m hohe Doppelgipfel der Kösseine zu erkennen.
Am 10. September 1983, als Gerd Jahreis an einer Schienenbus-Sonderfahrt des Eisenbahnclubs Bavaria teilnahm, stand das Bahnhofsgebäude von Leupoldsdorf noch.
Auch den Heimweg von Leupoldsdorf nach Nürnberg beschrieb Richard Schatz und fügte aus seiner Sammlung die Tabellen der befahrenen Zweigstrecken aus dem Winter-Kursbuch 1962/63 bei.
Wir hoffen, Euch hat dieser Beitrag gefallen. Sollten uns trotz sorgfältiger Recherche noch Fehler unterlaufen sein, bitten wir um Eure Hinweise.
Vielen Dank an alle, die an diesem historischen Beitrag über die 165. NEF-Exkursion mitgwirkt haben.
Toller Bericht.
Beste Grüße
Klaus
Ein sehr schöner Bericht von einer der vielen Nebenbahnfahrten des NEF in den 80er-Jahren. Wichtig war dabei immer, bis zum Prellbock gefahren zu sein.
Danke an das Team für die umfangreiche Dokumentation dieser Fahrt.