Etwa eine Stunde mit der Bahn von Nürnberg entfernt kann der geneigte Eisenbahnfreund Industriegeschichte und Eisenbahn verknüpfen.
Das Besucherbergwerk “Tiefer Stollen” in Aalen-Wasseralfingen verspricht eine rund 1,2 km lange Reise mit einer Stollenbahn unter Tage sowie Impressionen aus einer rund 300-jährigen Geschichte des Eisenerzbergbaus im Schwäbischen.
Anlässlich des Gemeinschafts-Familienausfluges der VDEI – Bezirke Stuttgart und Nordbayern 2023 ergab sich für mich die Möglichkeit des Einblickes in die schwäbische Industriegeschichte und die Nutzung einheimischer Eisenerzquellen.
Es ist kein Zufall, dass sich in Wasseralfingen seit rund 400 Jahren Betriebe der eisen- und stahlverarbeitenden Industrie bis heute befinden. Bereits 1366 ist der Eisenerzabbau in der Aalener Gegend schriftlich dokumentiert. Jedoch wurde bereits in der römischen Zeit im Aalener Revier Eisenerz gefördert und verhüttet, wie Hinterlassenschaften im Kastel Rainau-Buch bezeugen.
Im Braunenberg begann der Abbau 1701, dieser wurde recht unsystematisch betrieben. Da die Lagerstätte nach Osten geneigt ist, hatten die Gruben immer mit Wasser zu kämpfen, das nicht abfliessen konnte.
Nach Übergang Wasseralfingens von der Fürstprobstei Ellwangen an das Württembergische Königshaus 1806 schlief das ganze erstmal ein, ein einigermaßen wirtschaftlicher Abbau war unter der bisherigen Vorgehensweise nicht möglich.
Erst als der König von Württemberg einen Absolventen der sächsischen Bergakademie zu Freiberg als Betriebsleiter eingesetzt hatte, änderte sich die Situation. Dieser Wilhelm von Faber du Faur war Leiter der beiden Hüttenwerke in Königsbronn und Wasseralfingen und hatte sich damit um die ortsnahe effizente Beschaffung des Erzes zu kümmern. Das tat er mit großem Elan und Innovationsgeschick. Das Problem der Entwässerung wurde durch die Anlage des Tiefen Stollens ab 1811 gelöst, die endgültige Länge erreichte der Stollen 1843.
Der Tiefe Stollen diente gleichzeitig der Abfuhr des Eisenerzes. Die eigentliche Erschliessung des Brauneisenerzes wurde eine Etage höher bewerkstelligt, diesmal äußerst systematisch.
Da der Eisenanteil am Erz nur etwas über 30 % beträgt, hatte man auch genug Material, die aufgefahrenen Stollen wieder zu versetzen.
Der Eisenerzabbau schlief dann bereits vor dem 1. Weltkrieg langsam ein, da Aufwand und Ertrag durch den geringen Eisengehalt nicht mehr in Einklang zu bringen waren. In den 20iger und dann nochmal ab 1933 wurden Versuche der Förderung unternommen, diese scheiterten jedoch an der fehlenden Wirtschaftlichkeit. 1939 endete der Abbau.
Der Eisenbahnfreund wird durch die Stollenbahn mit einer Spurweite von 600 mm erfreut. Diese führt etwa 500 m durch den tiefen Stollen bis in die Schauhallen des Besucherberkwerkes. Der Besucher bereist 603 m. Die Gleise im Tiefen Stollen führen noch etwa 400 m weiter, so dass sich eine Gesamtstreckenlänge von 1032 m ergibt. Sowohl untertägig als auch am Besucherzentrum befinden sich Wendeschleifen, so das nur eine Lokomotive an der Zugspitze erforderlich ist.
Für das zweite Highlight ist die Phantasie gefragt. In Wasseralfingen verkehrte zur Erzabfuhr in das Tal die erste Zahnradbahn in Deutschland. Diese Tatsache wird in einer informativen Schautafel gewürdigt. Die Trasse ist auch noch irgendwie vorhanden, jedoch seit der Einstellung des Betriebes 1924 ohne ein Eisenbahnrelikt.
Ausklang und Stärkung erfährt der Reisende im Waldgasthof Erzgrube (https://www.waldgasthof-erzgrube.de/), entweder mit einem steilen Anstieg etwas ausgesetzt in fünf Minuten oder bequem über die Straße in etwa zehn Minuten zu erreichen. Die Wirtsleute und Mitarbeiter haben es unserer Gruppe nach entsprechender Abstimmung ermöglicht, trotz unserer Verspätung durch das Verschieben in eine spätere Gruppe bei der Stollentour, in den Genuß eines guten Mittagessens zu kommen.