NEF-Ausflug zur Thüringer Bergbahn

Petrus war den 35 mitreisenden Teilnehmern mehr als hold, die am Samstag, den 28. Dezember 2024 der Einladung zur traditionellen Jahresabschlussfahrt des NEF gefolgt waren. 

Ziel der Nürnberger Eisenbahnfreunde e. V. war die unter ihrem langjährigen Namen „Oberweißbacher Bergbahn in Thüringen“ weithin bekannte Standseilbahn. Diese führt als technisches Denkmal vom DB-Haltepunkt Obstfelderschmiede im Zuge der sogenannten „Schwarzatalbahn“ in zwei betrieblich eng verbundenen Streckenteilen zunächst als breitspurige Standseilbahn nach Lichtenhain und von dort als normalspurige und elektrifizierte Adhäsionsbahn auf einer 2,6 Kilometer kurzen Flachstrecke in die kleine Gemeinde Cursdorf. Dazu später mehr.

Neben bestem Reisewetter hatten die Programmverantwortlichen auch ein „glückliches Händchen“ bei der Planung von An- und Abreise nach und von Thüringen, verkehrten doch alle Züge ausgesprochen pünktlich. Mit RE 4904, einem doppelstöckigen „Franken-Thüringen-Express“ der Baureihe 4462 (einer von insgesamt acht sechsteiligen Siemens Desiro HC bei DB Regio) ging es zunächst von Nürnberg über Bamberg nach Coburg und von dort dank der neuen Schnellfahrverbindung über die VDE 8 (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8) in knapp 2 Stunden nach Erfurt. Ein bis Arnstadt vierteiliger RegioShuttle (BR 650) der EB Erfurter Bahn stellte den bequemen Anschluss als RB 80985 nach Rottenbach her. Nach kurzer Übergangszeit ging es „dank“ der großen Reisegruppe etwas beengt mit der „Fürstenkutsche“, einem Triebwagen der Baureihe 641 (Spitzname: „Walfisch“), in 24 Minuten auf der bis Katzhütte führenden „Schwarzatalbahn“ (RB 60) bis nach Obstfelderschmiede.

Nach der Ankunft in Erfurt Hbf nutzten die fotografierenden Teilnehmer der NEF-Jahresabschlussfahrt  (samt interessiertem Nachwuchs) die Gelegenheit zur Dokumentation von 4462 004. Ferdinand von Rüden dokumentierte das Stelldichein vor RE 4904.
Von links nach rechts im Bild: Frank Türpitz, Michael Mrugalla, Walter Zick, Hans-Martin Schmid sowie vorne Tim & Lisa Mrugalla. 
VT 008 und VT 002 der Erfurter Bahn hatten die NEF-Gruppe von Erfurt nach Rottenbach gebracht. Im Bahnhof kommt es zur Begegnung mit 641 020, der als „Fürstenkutsche zur Bergbahn auf die Anschlussreisenden wartet.
Neben dem Schriftzug der „Schwarzatal Bahn“ ziert die auf dieser Strecke vom Bh Erfurt eingesetzten VT 641 auch großflächig der Name „Fürstenkutsche zur Bergbahn“, unter dem die Deutsche Bahn die Triebwagen vermarktet. Etwas widersprüchlich zur klangvollen Namensgebung wirken am 641 020 die Verschmutzung und das den Ansprüchen der Gegenwart geschuldete Fahrradsymbol.
Der Autor des Reiseberichtes nutzte kurzentschlossen den Moment der Zugkreuzung von 641 020 und 641 019 im Bahnhof Sitzendorf-Unterweißbach, der mit reizvollem Bahnhofsgebäude und Wasserturm auch im steten Schatten des Schwarzatals zu glänzen vermag.

Hier hat die seit 2020 neu als „Thüringer Bergbahn“ bezeichnete Standseilbahn seit dem 15. März 1923 ihren Ausgangspunkt. Sie entstand, weil auch nach Eröffnung der Schwarzatalbahn im Jahr 1900 die Bewohner auf den Höhenzügen des Schwarzatales alle Waren und Güter mit purer Muskelkraft bergauf und bergab transportieren mussten. Bei 25% Steigung war die Überwindung der 1,4 Kilometer Distanz eine sehr große, langwierige und kräftezehrende Arbeit – in schneereichen Wintern besonders beschwerlich und gefährlich. Weder der Bau einer Straßenverbindung, noch einer normalen Bahnstrecke war damals möglich. Erst der Eisenbahningenieur Dr. Wolfgang Baseler hatte mit der Idee einer Standseilbahn die bahnbrechende Idee. Sie entstand als Gemeinschaftswerk der Gemeinden Oberweißbach, Lichtenhain, Cursdorf, Deesbach und deren Bewohnern. Mit Notgeldscheinen finanzierten Bürger und Händler den Bau der Bahn mit, um sich eine bessere Zukunft zu gestalten.   

Blick auf den Ausgangspunkt der unter DB-Regie betriebenen Thüringer Bergbahn, hier in der Talstation Obstfelderschmiede, 2015 zum Bahnhof des Jahres gekürt. In Höhe der noch sichtbaren Köf II ist eine Drehscheibe verbaut, die die Verladung normalspuriger Eisenbahnfahrzeuge auf die Güterbühne der Bergbahn erlaubt. Auf diese Weise fand hier bis 1966 noch planmäßiger Güterverkehr statt.
Wagen 1 der Bergbahn in behutsamer Anfahrt in die Bahnsteighalle der Talstation Obstfelderschmiede. Die Abtsche Weiche im Hintergrund lenkt die Güterbühne samt Aufsetzwagen an den Ausstieg an der Verladerampe. 

Von der Talstation aus bis zur Bergstation Lichtenhain (beide Stationen waren zum Bahnhof des Jahres 2015 gekürt worden) überwinden die zwei auf 1.800 Millimetern Breitspur verkehrenden Wagen bei einer Streckenlänge von 1,351 Kilometern in 18 Minuten Fahrzeit einen Höhenunterschied von 323 Metern. Dabei pendeln abwechselnd ein Personenwagen (Wagen 1, 42 Sitzplätze, 58 Stehplätze, Leermasse 26 Tonnen) und eine sogenannte Güterbühne zum Transport normalspuriger Eisenbahnfahrzeuge mit einem Aufsetzwagen. In den Wintermonaten ist dies der ehemalige Beiwagen EB 188 513 der Schleizer Kleinbahn mit 32 Sitzplätzen. Bei guter Witterung wird seit 2008 alternativ zwischen Mai und Oktober ein offener Personenwagen ohne Dach („Cabriowagen“) aufgesetzt. In Streckenmitte sorgt eine Abtsche Ausweiche für die selbsttätige Vorbeifahrt der beiden Wagen, die seit der Grundüberholung der Standseilbahn in den Jahren 2001 bis 2002 nunmehr vom Fahrzeug selbst und nicht mehr von der Bergstation aus gesteuert werden.

Begegnung mit der talfahrenden Güterbühne samt Aufsetzwagen im Bereich der Abtschen Ausweiche (Bild: F. Türpitz)

Entlang der Steilstrecke künden seit Oktober 2012 zahlreiche Skulpturen zu den regionalen Themen Friedrich Fröbel (Pädagoge, auf dem u.a. die Kindergarten-Idee fusst), Olitäten (Naturheilmittel), Porzellan und Bergbahn von der Geburtsstunde der Bergbahn vor über 100 Jahren. Acht Holzbildhauer erschufen innerhalb nur einer Woche im Rahmen der „Kulturtage an der Bergbahn“ diese Kunstwerke aus Eichenstämmen.  

In der Bergstation reichte die Zeit noch für einen (Augen-) Blick hinab ins Schwarzatal, dann fuhr auch schon der solo fahrende Triebwagen 479 201 ein, um nach kurzer Wendezeit die zahlreichenden Mitreisenden über den einzigen Unterwegshalt Oberweißbach-Deesbach ins 2,635 entfernte Cursdorf zu fahren.

Blick aus der Bergstation Lichtenhain auf die Strecke der Thüringer Bergbahn hinab ins Schwarzatal
Umstieg in der Bergstation Lichtenhain auf den Triebwagen nach Cursdorf (Bild: F. Türpitz)
Ankunft des Triebwagens 479 201 in der Station Lichtenhain (a d Bergbahn). Nach einer kurzen Wendezeit wird er uns zur Mittagspause in Cursdorf bringen (Bild F. Türpitz).

Während die Mehrzahl der NEF-Teilnehmer dort bereits zielstrebig die ersehnte Einkehr in der Gaststätte „Zur Biene“ ansteuerte, lockte die fotografierende Minderheit der Reisegruppe doch noch die baldige Abfahrt des gut gepflegten zweiachsigen Triebwagens zurück nach Lichtenhain (a d Bergbahn).

In einer langgezogenen Kurve verlässt der solo fahrende 479 201 als RB 61 Cursdorf zur achtminütigen Fahrt nach Lichtenhain (a d Bergbahn). 

Dank „geschlossener Gesellschaft“, frühzeitiger Vorbestellung der fünf zur Auswahl stehenden Mittagsmahlzeiten samt Beilagen (Hirschbraten, Sauerbraten, Klöße mit Champignons, Steak sowie Hechtfilet) und einem sehr aufmerksamen, freundlichen und wieselflinken Kellner gestaltete sich die Einkehr als angenehm, gemütlich und vor allem – äußerst wohlschmeckend.    

Mittagspause in der Gaststätte “Zur Biene” (Bild F. Türpitz)
leckerer Hirschbraten mit Thüringer Klößen (Bild F. Türpitz)

Während die Rückfahrt im wieder gut besetzten elektrischen Triebwagen der RB 61 über die Flachstrecke noch bei schönstem Sonnenschein zurückgelegt wurde, verlief die Fahrt über die Steilstrecke, nunmehr im Aufsetzwagen, bereits weitestgehend im Schatten. Davon ist der Bahnhof Obstfelderschmiede offenkundig ganztägig betroffen, wie auch weite Teile der durchs enge Tal entlang der Schwarzach führenden Bahnstrecke.

Noch mit weihnachtlich geschmücktem „Beimann“ startet 479 201 in Lichtenhain (a d Bergbahn) zu einer Pendelfahrt nach Cursdorf.
Bereit zur Talfahrt nach Obstfelderschmiede steht die Güterbühne samt Aufsetzwagen, der Jahreszeit entsprechend mit dem früheren Beiwagen EB 188 513 der ehemaligen Schleizer Kleinbahn.

In Rottenbach sorgte die Erfurter Bahn für die 15 minütige Weiterfahrt in der RB 23 nach Saalfeld (Saale), bevor es in der Dunkelheit mit RE 4977 in 2 ¼ Stunden bequem und pünktlich zurück nach Nürnberg ging. Der Jahreszeit gemäß musste dabei zwangsläufig der Ausblick auf die Schönheiten der Frankenwaldbahn entfallen. Aber das war nach diesem rundum schönen und erfüllten Ausflugstag zu verschmerzen. Mit angeregten Gesprächen, der Lektüre der wieder sehr fundierten Reiseunterlagen oder einem seligen Nickerchen verging die Reisezeit jedenfalls sehr schnell. Und dem mitgereisten Nachwuchs stellte eine bestens gelaunte Zugbegleiterin sogar noch spezielle Kinderfahrscheine aus. So konnte der erlebnisreiche Ausflugstag dann wirklich ausklingen…

Der Zustieg von allein 35 Teilnehmern der NEF-Reisegruppe in Obstfelderschmiede lässt die „Fürstenkutsche“ in Form von 641 019 bestens ausgelastet nach Rottenbach fahren.  
RE 4977 steht im Bahnhof Saalfeld zur Rückfahrt nach Nürnberg bereit (Bild: F. Türpitz).

Kurze aktuelle Nachträge:

  1. Leider wurde Wagen 1 nur drei Wochen nach dem NEF-Ausflug in der Nacht 17./18. Januar 2025 in der Talstation Obstfelderschmiede großflächig mit Graffiti beschmiert. Es entstand hoher Sachschaden.
  2. Vom 10. bis 28. März 2025 finden die jährlichen Instandhaltungsarbeiten an der Bergbahn statt, weshalb der Betrieb in diesem Zeitraum komplett eingestellt ist. 

Alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder stammen vom Autor Ferdinand von Rüden.

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